Agilitätsoffensive – Wo steht die deutsche Wirtschaft?

Status, Herausforderungen und Lösungsansätze im gemeinsamen Workshop von CoreNet und ZIA

Von Jenö Kleemann

„Agile Organisation“ und „Agiles Arbeiten“ sind als Managementbegriffe in aller Munde. Als Tool und Philosophie haben sie sich in vielen Unternehmen bereits etabliert. Agilität ist eine Haltungsform, die Unternehmen in ihrem strategischen Vorgehen einnehmen, um auf die Komplexität des Marktes und der Umwelt reagieren zu können. Agile Methoden sind jedoch nicht für jedes Unternehmen oder jede Abteilung geeignet. Vielmehr kommt es auf die jeweilige Aufgabe an.

Die Digitalisierung und die weltweite Vernetzung haben zweifelsohne den größten Einfluss auf unsere Wirtschaft und Märkte. Doch diese Veränderungen laufen disruptiv und in exponentiellen Größenordnungen ab. Es ist eine extreme, um nicht zu sagen: agile Dynamik. In dieser sich ständig verändernden Umgebung werden neue Arbeitsweisen und Konzepte benötigt – die natürlich nicht mit den Arbeitsmethoden von gestern gelöst werden können.

Agile Prozesse haben Weltmarktführer groß gemacht

Agile Prozesse sind fester Bestandteil von jungen Firmen – und inzwischen auch von traditionsreichen Unternehmen. Doch was bedeutet es, eine agile Organisation zu sein? Und zwar für die Menschen im Unternehmen und die Art und Weise der Zusammenarbeit; für die Prozesse, mit denen wir arbeiten, und die Ziele, für die wir es tun – und schließlich für die Räume und Infrastruktur, in denen das Arbeiten stattfindet? Diese zentralen Fragen haben wir mit rund 40 Teilnehmern aus Unternehmen und Organisationen der Immobilienbranche am 20. März 2019 im Workshop „Agilitätsoffensive: Wo steht die deutsche Wirtschaft?“ diskutiert, veranstaltet von CoreNet Global (CNG) und ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.

Die HPI School of Design Thinking und Eurocres haben den Workshop kuratiert. System 180, als Anbieter von individuellen, funktionalen Raumlösungen, hat den Workshop mit agilen Möbeln ausgestattet. Das Ganze fand im neuen „Agile Hub“ der Siemens AG – im A32 Entrepreneurs Forum Berlin Siemensstadt statt.

Ohne Kommunikation geht nichts

Mit dem Workshop ging es uns darum, eine Richtungsdiskussion zu führen und ein Stimmungsbild zum aktuellen Stand der Agilität bei deutschen Unternehmen und Organisationen zu erhalten – und schließlich Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Transformation. Wie muss das alles aussehen? Und was heißt das für die Arbeitsplatzgestaltung?

Agilität ist komplex, es gibt nicht DIE eine Definition. Was also kann sie leisten? Der spannungsreiche Kontext ist dabei laut Prof. Ulrich Weinberg vom HPI School of Design Thinking „die Auflösung der sogenannten Brockhaus-Struktur mit der „Ich-Welt“ und der „Ich-Denkweise, die in einer immer stärker vernetzen Welt nicht mehr funktioniert. Diese Konstellation wird abgelöst durch eine Wir Welt.“ Dies komme einem Kulturwandel gleich, folglich erwiesen sich Organisationen und Menschen, die in althergebrachten Schablonen denken, als Bremsklotz.

Wir brauchen daher ein neues Denk- und Handlungskonzept. Denn die Welt des Network-Thinking ist geprägt von Kollaboration, kreativer Verknüpfung und Enthierarchisierung. Agile Ansätze sollen Lösungen für Organisationen finden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Agilität in der Praxis

Harald Fladischer, Vertriebs- und Marketingleiter der NeXenio GmbH, und Ansgar Oberholz, CEO und Co-Founder des Berliner Coworking-Space St. Oberholz, haben ihre Schlaglichter auf das Thema geworfen. Fladischer beleuchtete den virtuellen Raum, in dem Arbeiten stattfindet, sowie Sicherheitsthemen, für die NeXenio eigene Lösungen entwickelt. Oberholz erklärte, wie Agilität bei ihm umgesetzt wird – am Beispiel von Meetings und dass Slack, Asana und Trello als Tools dazu beitragen können. Er gab Ausblicke auf Megatrends und identifizierte für sich als Coworking-Space-Anbieter zwei besonders.

  • Mit Activity Based Working (ABW) werden sich Arbeitsflächen massiv verändern, nämlich hin zu multifunktionalen Arbeitsflächen mit verschiedensten Raumangeboten für Mitarbeiter
  • Die Öffnung von Büroräumen für die Öffentlichkeit und somit die Vermischung von Büro und Arbeitsflächen mit dem öffentlichen Raum wird sich seiner Meinung nach, stärker entwickeln. Das Arbeiten findet in öffentlichen Räumen statt und das öffentliche Leben im Büro.

Der Raum im Mittelpunkt

Die Vorträge, Beiträge und Ideen in den Workshops drehten sich besonders um die zentrale Bedeutung des Raums – innerhalb des Dreiklangs Mensch – Prozesse – Räume. Hieran entzündeten sich Diskussion und Inspiration.

  1. Mensch: So haben viele Teilnehmer über das herausfordernde Verhältnis zwischen verschiedenen Abteilungen berichtet, die „interdisziplinär“ Lösungen erarbeiten müssen – eine Aufgabe, die abhängig vom Unternehmensaufbau besonders schwierig sei.
  2. Prozesse wiederum sollten idealerweise „transparent, ziel und nutzerorientiert, leicht anzupassen und interaktiv“ sein.
  3. Naturgemäß spielt der „Raum“ für Eurocres eine herausragende Rolle. Hier artikulierten die Workshopteilnehmer besonders stark ihre Bedürfnisse. So sollten sich die Räume eines Unternehmens für „Co-Working-Flächen“ eignen, „dezentral“ sein und „verschiedene Raumformate“ bedienen, um den verschiedenen Funktionen und Erfordernissen gerecht zu werden. Vor allem wurden auch das „ortsunabhängige Arbeiten“ und „Rückzugsmöglichkeiten“ ins Feld geführt. Bei Raum/Infrastruktur sahen die Workshop-Teilnehmer den größten Handlungsbedarf, um ihre Organisationen erfolgreich weiter zu entwickeln.

 

Herausforderungen pflastern den Weg

Im Verlauf des Nachmittags wurde dabei eine Vielzahl von Herausforderungen skizziert. Etwa:

  • Wie schaffen wir es in Bezug auf den Raum, weiterhin KONZENTRATIONS-Räume und Ecken für alle Mitarbeiter zu schaffen?
  • Wie erreichen wir eine effiziente Raumnutzung und -gestaltung?
  • Lohnen sich Investitionen in Räume überhaupt? Bringt es etwas, agile Räume zu teilen und dadurch Kosten sparen? 
  • Die momentane Struktur der Räume sieht eher so aus, dass agiles Arbeiten nur bedingt möglich ist. Wie gehen wir damit um?

Strategische Kooperation mit dem HPI School of Design Thinking

All diese Dinge sollten also aufgegriffen werden, um in der neuen Arbeitswelt zu bestehen. Denn im Wettbewerb sind immer die besten Lösungen gefragt. Zu ihnen gelangt man auch durch den Design-Thinking-Ansatz. Daher haben wir uns entschieden, eine enge Kooperation mit dem HPI School of Design Thinking in Potsdam unter Leitung von Prof. Ulrich Weinberg einzugehen. Wir wollen langfristig gemeinsam forschen und Prototypen für agile Organisationen entwickeln und testen und dabei helfen, dass Unternehmen erfolgreich im Wettbewerb bestehen können. HPI und Ulrich Weinberg sind Pioniere beim Design-Thinking.

 

Fazit: Mit Lösungen von gestern kann man nicht die Zukunft gewinnen

Gemeinsam haben wir mit dem Workshop ein besseres Verständnis für das Thema „Agilität“ entwickelt und Herausforderungen der teilnehmenden Unternehmen auf dem Weg zu einer Agilen Organisation identifiziert – zu denen auch das Überwinden von Hürden gehört. Die wichtigsten Erkenntnisse sind nun in einem Ergebnispapier zusammengefasst worden. Einige davon sind:

  • Agile und lineare Prozesse werden auf absehbare Zeit koexistieren.
  • Organisationen, die mit agilen Arbeitsprozessen, Methoden und Mindsets arbeiten, haben sich als erfolgreich darin bewiesen, Geschwindigkeit und Komplexität zu beherrschen.
  • Eine gemeinsame Arbeits- und Denkkultur prägt den Erfolg von agilen Arbeitsmethoden und Organisationen.
  • Die drei maßgeblichen Elemente dabei heißen Menschen, Prozesse und Infrastruktur – mit multidisziplinären Teams, interaktiven Abläufen und variablen Räume als Hauptfaktoren.
  • Die Teilnehmer des Workshops sehen vor allem in den Bereichen Raum und Prozess den größten Handlungs- und Nachholbedarf, um ihre Organisationen erfolgreich zu transformieren und weiter zu entwickeln. Hierzu sollte es verstärkt Schulungen geben.

 

Die Mitarbeiter mitzunehmen, sie zu motivieren und inspirieren ist ein entscheidender Faktor der Unternehmenskultur – genauso wie das Bewältigen der anderen beiden Bausteine im Leben einer jeden Organisation: Prozesse und Räume. Agilität kann ein wirksames Strategieinstrument sein, damit Unternehmen am Markt bestehen. Sie liefert die Möglichkeit, viele Kompetenzen zusammenzubringen und so Organisationen/Unternehmen besser, leistungsfähiger und kundenorientierter zu machen.

 

Die wichtigsten Erkenntnisse des Workshops finden Sie im Thesenblatt:

„Wo steht die deutsche Wirtschaft“ – Status – Herausforderungen – Lösungsansätze

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